Grenzenlos Pink

Alexander Trust, den 24. April 2007
SchülerVZ
SchülerVZ – Screenshot

StudiVZ Limited, pardon Holtzbrinck, „pimpt“ neuerdings deutsche Schulhöfe. Doch eigentlich ist Werbung auf Schulhöfen (in NRW) ja nicht erlaubt.1

Als die erste Staffel von Big Brother losging, mockierte sich die Öffentlichkeit, doch die Populärkultur obsiegte, denn die Lethargie der Entscheider war größer als der Wunsch, ihren Willen gegen die Massen durchzusetzen. Pop-Titan Dieten Bohlen kann beinahe auch tun und lassen, was er will. Fast scheint es, als hätten wir es mit Übermenschen im Stile Nietzsches zu tun, die die Moral als das entlarven, was sie wirklich ist: willkürlich.

Krawallmarketing à la StudiVZ

Düsseldorf war zum Beispiel Ziel der Kreidespray- und PostIt-Aktionen.2 Legt man sich nun als Limited gerne mit dem Gesetz an? Was sagt Holtzbrinck eigentlich zu dem tollen Treiben?! Wozu braucht es überhaupt einen Umweltengel auf Verpackungen, wenn doch die dreckige Lunte ins 22te Jahrhundert schon angesteckt wurde. Auch in Herzogenrath scheinen es Oliver S. (der Name birgt Potenzial für eine Werbeaktion, die einen Bekleidungshersteller auf den Plan rufen dürfte) und andere von der Alpha-Legion des SchülerVZs auf Krawallmarketing abgesehen zu haben.3

Freiwilliger Ungehorsam

Natürlich ist der Coup sogar vorher reichlich durchdacht worden. Geld zurück gelegt haben die Marketinggurus und das wird, nachdem bereits bekannt wurde, dass erste Anzeigen erstattet wurden, dringend nötig. Das Hansa-Gymnasium in Köln musste ebenfalls dran glauben.4 Eine katholische Grundschule in Hamburg Altona findet sich ebenfalls unter den „Opfern“ der Guerilla-Werber.5 Die Frage ist, wer hat sich für diese Aktionen freiwillig hergegeben? Sollen wir sie mutig oder leichtsinnig nennen? Grenzgänger, die gucken wollen, was geht. Solche gibt es allerdings immer wieder. Wohl wird in der Öffentlichkeit der Blogosphäre bald ein Diskurs über diese Umweltsünden entstehen.

Landesweite Aktion

Insgesamt waren 12 Städte in Deutschland Ziel der Marketing-Anschläge.6 Eine neue Form von sehr offensiver Werbung ist das. Telefonwerbung à la Tele 2 beschäftigt schon heute die deutschen Gerichtshöfe. Gibt es dann jemanden, der die Werbetreibenden in Schutz nimmt? Falls der Elternteil eines Grundschülers beispielsweise so einem Web-2.0-Entrepreneur die Nase blutig schlägt? Vielleicht ist das der Anfang von Selbstjustiz. Nicht, weil sie alle wollen, sondern weil unser gesellschaftliches System noch nicht weiß, wie es mit solchen Dingen umgehen soll? Immerhin war die Aktion sogar via Pressemitteilung angekündigt. Fasst als würden sich die Täter zu dem Attentat bekennen. Bei welchem Business-Angel „diese“ wohl in die Schule gegangen sind.

Umweltbilanz -1, Gesellschatsbilanz 0

Kreidespray ist beim nächsten Regen vielleicht wieder weg. Ob’s mit den Sprühpartikeln dem Grundwasser gut tut? Vielleicht sollte Ökotest mal Kreidesprays testen. PostIt freut sich über die Werbung, oder aber wird erschüttert sein, auf ein Mal wegen der dramatischen Umweltverschmutzung in die Öffentlichkeit gezerrt zu werden. Das ist das Prinzip StudiVZ, das hier regiert: erst handeln, dann denken. Regional wurden sie in Köln gefilmt. Es wäre schön, wenn sich die zum Beispiel 200 Jugendlichen aus Köln und Düsseldorf, u. a. ein Oliver Skopec, nicht nur in Sachen Werbung ins Zeug legten, wenn es um Bares geht. Politische Sensibilisierung, der Kampf gegen Rechts, Umweltproblematik, Segregationstendenzen, Armut und Bildung. Was Holtzbrinck für die Studierenden in Deutschland getan hat und tut, sieht man sehr gut. Werbung hat im StudiVZ Einzug gehalten. Gibt es stattdessen eine bildungspolitische Agenda? Einen Streit für mehr Akademik und weniger Wirtschaftlichkeit? Dort geht es nur ums Geldverdienen.

Das wird beim SchülerVZ nicht anders sein, oder aber das Portal kann die Bildungspolitik in Deutschland maßgeblich beeinflussen?! Wir werden es nicht vergessen. Genauso wenig wie wir das Credo „von Studierenden für Studierende“ ad acta gelegt haben. Nicht das StudiVZ war es, sondern seine Mitglieder, die mit ein wenig Eigeninitiative Büchertausch und ähnliches, oder Lesezirkel und Diskussions- und Lerngruppen eingerichtet haben. Karsten jedenfalls wundert sich, woher die Ideen und der Elan stammen, die mit der Marketing-Aktion zu verbinden sind.7 Vielleicht sind „diese“ stolz darauf, sich für die Farbe Pink vor den Karren des Kommerz gespannt zu haben.


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